Call for Abstracts – Arbeitskonflikte und Gender – aktuelle und historische Perspektiven

Call for Abstracts

Arbeitskonflikte und Gender – aktuelle und historische Perspektiven

Tagung am 21./22.3.2019 in Nürnberg

(english version below)

Erwerbsarbeit als Form der Vergesellschaftung ist aktuell wie historisch durch Herrschafts‐ und Machtverhältnisse geprägt und deshalb konflikthaft. Die Tagung verfolgt die Idee, gesellschaftlichen und historischen Wandel durch die geschlechtssensible Analyse von Auseinandersetzungen und Kämpfen in und um Erwerbsarbeit zu thematisieren. Dabei soll es sowohl um kollektiv organisierte Formen von Arbeitskämpfen (z.B. gewerkschaftliche Streiks) gehen als auch um stärker individualisierte und dezentrale Konfliktformen.

Die sozialwissenschaftliche Forschung hat in ihrer Analyse traditionell den Antagonismus von Arbeit und Kapital in den Mittelpunkt gerückt, was seitdem jedoch eine erhebliche Differenzierung erfahren hat. Feministische Wissenschaftler*innen haben seit den 1970er Jahren die Vergeschlechtlichung von Arbeit herausgearbeitet, historisch begründet und interdisziplinär diskutiert. Es wurden Verknüpfungen hergestellt mit der Kritik an Kapitalismus, Kolonialismus und bürgerlicher Gesellschaft sowie mit diversen Kategorien sozialer Ungleichheit wie z.B. Klasse, Ethnie, sexuelle Orientierung etc. – intersektionale Perspektiven sind also erforderlich. Bei der Beobachtung der Vergeschlechtlichung von Arbeitskämpfen sind auch symbolische Repräsentationen etwa in Literatur, Bild und Film und ihre historische Entwicklung einzubeziehen, die das Selbstverständnis der Kämpfenden dokumentieren und gegebenenfalls beeinflussen. Inzwischen gibt es einen beachtlichen, allerdings fachlich oft begrenzten und schwer zu überblickenden Stand an Theorien, Konzepten, empirischen Studien und historischen Forschungen zur Geschlechterdimension von Arbeitskonflikten. An diesen knüpft die Tagung „Arbeitskonflikte und Gender – aktuelle und historische Perspektiven“ an. Sie versteht sich als Bestandsaufnahme, Aktualisierung und Weiterentwicklung dieses Diskurses. Indem die Tagung internationale Wissenschaftler*innen und Akteur*innen aus gesellschaftlichen Praxisfeldern (z.B. Gewerkschaften) einlädt, ihre einschlägigen empirischen Forschungsarbeiten und theoretischen Reflexionen zur Debatte zu stellen, orientiert sie sich an drei Leitideen: Interdisziplinarität, internationale Vergleiche, theoriegeleitete Synthese.

Mögliche Beiträge können und sollen mit fachlich unterschiedlichen Perspektiven arbeiten, insbesondere der Soziologie, Politikwissenschaft, Wirtschaftswissenschaft, Kulturwissenschaften, Geschichtswissenschaft und ihrer Didaktik, Gender und Queer Studies, Medienwissenschaft, Ethnologie. Beiträge können in deutscher oder englischer Sprache gehalten werden und beispielsweise die folgenden Themen adressieren:

  • Geschlechtsspezifisch markierte Konfliktgegenstände und Protestformen; Relevanz geschlechtsspezifischer Arbeitsorganisation bei Arbeitskonflikten; Untersuchung geschlechtsspezifischer Voraussetzungen und Handlungsspielräume bei Streikbereitschaft und Streikverhalten und die Haltung der Gewerkschaften.
  • Geschlecht in den industriellen Beziehungen und die Folgen für Arbeitskonflikte, z.B. Androzentrismus von Gewerkschaften, schwache gewerkschaftliche Interessenvertretung in frauendominierten Bereichen; neue Arbeitskämpfe in feminisierten Dienstleistungsberufen; Arbeitskonflikte zwischen und/oder innerhalb der Genusgruppen verschiedener Klassen und Schichten.
  • Die Rolle vergeschlechtlichter Identitäten in und für Arbeitskämpfe(n): Hervorbringung, Institutionalisierung und Variationen von Geschlechterdifferenzen im Zuge der (historischen) Veränderungen des Kräfteverhältnisses zwischen Kapital und Arbeit und der Wandlung der Arbeitswelt sowie die Wahrnehmung durch die jeweiligen historischen Akteur*innen.
  • Die Bedeutung außergewerkschaftlicher, zivilgesellschaftlicher Gruppen, Akteur*innen und Interessenvertretungen bei Arbeitskonflikten in geschlechtergeschichtlicher Perspektive;
  • Interdependenzen zwischen Reproduktionsarbeit/geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung und Konflikten in der Erwerbsarbeit.
  • Arbeitskonflikte und Gender in medialen und (geschichts)kulturellen Repräsentationen: vergeschlechtlichtes Framing von Arbeitskonflikten, z.B. durch Bilder männlich konnotierter ‚heroischer’ Arbeitskämpfe; geschichtskulturelle Untersuchungen vorherrschender Deutungsmuster und Deutungskämpfe in Filmen, historischen Romanen, musealen Präsentationen, digitalen Medien, in Schulbüchern.
  • Erinnerungsgeschichtliche Aspekte in Bezug auf das geschlechtlich kodierte, kulturelle Gedächtnis spezifischer Gruppen wie Gewerkschaften, Branchen, Konfliktparteien.
  • International vergleichende Analysen von Arbeitskonflikten, insbesondere unter Einbeziehung von Ländern des deutschsprachigen Raumes sowie Großbritannien, Frankreich, Italien.

Der call for abstracts richtet sich an Wissenschaftler*innen unterschiedlicher Disziplinen, die sich in Forschungsprojekten oder hervorragenden Studienarbeiten mit Themenfeldern der Tagung beschäftigen oder beschäftigt haben. Willkommen sind auch theoretisch angelegte Reflexionen von Akteur*innen „aus der Praxis“ (z.B. Gewerkschaften, Frauenverbände). Eine Veröffentlichung von Tagungsbeiträgen ist geplant. Mittel für die Bezuschussung von Reise‐ und Übernachtungskosten sind in begrenztem Maße vorhanden.

Die Tagung wird organisiert von Prof. Dr. Ingrid Artus (Institut für Soziologie, FAU Erlangen‐Nürnberg), Nadja Bennewitz (Lehrstuhl Didaktik der Geschichte, FAU Erlangen‐Nürnberg), Prof. Dr. Annette Henninger (Institut für Politikwissenschaften, Universität Marburg), Judith Holland (Institut für Soziologie, FAU Erlangen‐Nürnberg), Prof. Dr. Annette Keilhauer (Institut für Romanistik;
Sprecherin des Interdisziplinären Zentrums für Gender ‐ Differenz ‐ Diversität; FAU Erlangen‐Nürnberg ), und Dr. Stefan Kerber‐Clasen (Fachbereich Sozialökonomie, Universität Hamburg).

Interessent*innen sollten ein etwa einseitiges Abstract mit Titel, Fragestellung, methodischer Herangehensweise, evtl. verwendeter Datengrundlage oder Quellenbestand sowie einer Erläuterung des theoretischen Bezugs des Beitrags bis zum 31.8.2018 als PDF‐Datei per Email schicken an claudia.figalist@fau.de und ingrid.artus@fau.de.

Ein pdf dieses CfP finden Sie hier.

 

English version

Call for Abstracts

Gender and Labour Disputes: Perspectives Past and Present

Conference, Nuremberg, Germany, 21/22 March 2019

Historically, and to this day, earning a living through paid work, as a form of socialisation, has been permeated by relationships of dominance and power, giving rise to substantial potential for conflict. The planned conference will aim to highlight aspects of societal and historical change through gender-sensitive analysis of disputes and conflicts in and around paid work. Both collectively organised forms of labour disputes, such as strikes called by unions, and more individual, decentralised types of conflict fall within the scope of the conference. 

Traditionally, research in the social sciences has focused on the adversarial relationship between labour and capital. More recent work has driven the emergence of substantial differentiation and diversification in regard to this question. In a process commencing in the 1970s, feminist researchers have identified and theorised the gendering of labour, engaging in interdisciplinary discourse around the issue and creating links to critiques of capitalism, colonialism and bourgeois society and to a broad range of categories of social inequality including class, ethnic origin and sexual orientation. This work has made us aware of the need for intersectional perspectives in approaching the issue. In observing processes of gendering around labour disputes, we need likewise to take account of symbolic representations in media such as literature, film and images, which have documented and may influence the ways in which those engaged in labour disputes perceive their struggle, and of their development over time.

A survey of the current state of research on the gender(ed) aspect of labour disputes reveals a substantial, albeit complex field of theories, ideas, empirical studies and historical work, which suffers from limitations in terms of the disciplines addressing the topic. This field is the starting point for the proposed conference on ‘Gender and Labour Disputes: Perspectives Past and Present’. The conference will seek to map this field as it is now, bring the discourse up to date and further its development. Centring its considerations on the three key ideas of interdisciplinarity, international comparison and theory-driven synthesis, the conference will invite international researchers and other relevant stakeholders from arenas such as trade unions to present for discussion their empirical work and theoretical reflections on the subject.

We hope to receive proposals for contributions to the conference that apply perspectives from a range of disciplines, particularly sociology, political science, economics, cultural studies, history and history education, gender and LGBTQ studies, media studies and cultural anthropology. We welcome presentations, in German or English, on topics including, but not limited to, the following:

  • Gendered issues of dispute and forms of protest; the relevance of gender-specific organisational structures of labour in cases of industrial dispute; gender-specific circumstances and capacity for agency in relation to strike action and willingness to engage therein; related trade union attitudes.
  • Gender in industrial relations and its implications for labour disputes: examples may include androcentrism in trade unions or low prevalence or impact of trade union representation in female-dominated areas of work.
  • New forms of labour disputes in feminised service industries; labour-related inter- or intra-gender conflicts within distinct social classes.
  • The role of gendered identities in, and the implications for, labour disputes and labour-related struggles: the production, institutionalisation and variation of gender differences in the context of (historical) shifts in power relations between capital and labour and the transformation of the world of work and the relevant historical actors’ perceptions of these differences.
  • A gender perspective on the significance in labour disputes of groups, actors and advocacy organisations outside trade unions and arising from civil society initiatives.
  • Relationships of interdependency between reproductive labour/gender-specific divisions of labour and conflicts pertaining to paid work.
  • Representations of labour disputes and gender in the media and culture, particularly historical culture: gendered framing of labour disputes, for instance in images of ‘heroic’ industrial struggle with masculine connotations; historically-based explorations of predominant patterns of, and controversies over, interpretation in films, historical novels, museums, textbooks, digital media.
  • Historical aspects of the gendered cultural memory of industrial disputes held by specific groupings such as trade unions or particular industries or parties to a conflict.
  • Comparative international analysis of labour disputes, particularly in relation to German-speaking countries and regions, the UK, France and Italy.

We hope to hear from researchers from a range of disciplines who have conducted, or are currently conducting, research projects or studies of outstanding significance on topics of interest to the conference. We will also welcome reflections, with a theoretical emphasis, from stakeholders in the field, such as trade union workers or members of women’s industrial associations. We plan to publish selected conference proceedings. Limited funds for support with travel and accommodation expenses are available.

The conference organisers are Prof. Dr. Ingrid Artus (Institute of Sociology, FAU Erlangen-Nürnberg), Nadja Bennewitz (Department of Teaching History, FAU Erlangen-Nürnberg), Prof. Annette Henninger (Department of Political Science, Philipps Universität Marburg), Judith Holland (Institute of Sociology, FAU Erlangen-Nürnberg), Prof. Annette Keilhauer (Institute of Romance Studies/spokesperson, Interdisciplinary Centre for Gender, Difference and Diversity (IZGDD), FAU Erlangen-Nürnberg) and Dr Stefan Kerber-Clasen (Department of Socioeconomics, Universität Hamburg).

We invite you to submit an abstract of approximately one page in length, including the title of your proposed paper, an outline of its key question/s and methodology, information (where relevant) on the corpora of data or sources on which you will be drawing, and a brief discussion of the paper’s theoretical context, to claudia.figalist@fau.de and ingrid.artus@fau.de. Please submit your abstract in PDF format. The closing date for receipt of abstracts is 31 August 2018.

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